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AutorenbildHG Pfaff

Mit dem Camper zum Eismeer - Durch den Yukon und über den Dempster Highway.

Aktualisiert: 9. Sept. 2021


Ich mache es kurz: Das Interesse an dieser Reise war so groß, dass schon eine Woche nach Online-Bekanntgabe die angepeilte Gruppengröße von etwa 20 Personen erreicht war. Also ein knappes Dutzend Truck Camper. Nur dieses Fahrzeug kam für mich in Frage, allein schon aufgrund der größeren Bodenfreiheit - schließlich sollte es ja über Schotterpisten gehen! Und bloß nichts vorbuchen. Wir übernachten, wo es uns gefällt. Ich weiß, im Süden Kanadas wäre das mit einer kleinen Gruppe sicher nicht so einfach. Aber das ist ja gerade das Reizvolle am Norden. Hier oben kann man in seinem Campmobil auch am Rande einer Wildnisstraße übernachten. Einfach so.


Tourstart. Willkommen in Whitehorse. Traditionell noch am Abend der Buffalo Burger im High Country Inn. Schlafen, Jetlag, ganz frühes Frühstück und schnell zur Fraserway-Station. Stationsmanagerin Denise hat ihre Mitarbeiter gut vorbereitet. Schon bald rollen wir mit unseren Apartments auf Rädern auf die Straße und aus Whitehorse heraus. Auf dem Alaska Highway geht es über Haines Junction zum ersten Campingplatz. Gut, dass die Kamera schon griffbereit liegt - auf dem Weg sehen wir schon den ersten Grizzly am Straßenrand! Na, wenn das kein gutes Omen für diese Tour ist. Erstes Lager am Rande des Kluane National Park. Lagerfeuer. Ein Bierchen. Näheres Kennenlernen. Ach, es ist schön, wieder mit Gleichgesinnten in Kanadas Norden unterwegs zu sein! Ein Tag Ruhe - und dann hatte ich eine anspruchsvolle Wanderung eingeplant. Auf dem Sheep Creek Trail geht es zum Teil ordentlich bergauf und wir kommen ganz schön ins Schwitzen. Die Bergschafe sehen wir nur weit entfernt, dafür werden wir mit herrlichen Panoramablicken belohnt. Traumhaft! Es lohnt sich, die Zeit zu investieren und auf Schusters Rappen tiefer in die Wildnis einzutauchen. Eigentlich egal wo im Yukon - aber hier am Sheep Creek Trail gefällt es mir besonders. Weiter zur alaskanischen Grenze. Den ersten Staub haben wir schon geschluckt. Allerdings nicht auf einer geplanten Schotterpiste, sondern in einer kilometerlangen Baustelle vor der Grenzstation. Die erste Nacht in Alaska verbringen wir auf dem Tok RV Village Campground. Ziemlich teuer, aber es wird jeden Abend Live-Musik geboten. Schade, diesmal ist es nicht mein Bekannter Dave Stucliff, der singt, sondern ein junger, aber durchaus talentierter Kollege. Tagsüber findet man den jungen Mann in der Touristinfo von Tok.

Über Fairbanks geht es zum Berg aller Berge, dem Denali (ehemals Mount McKinley). Ich weiß, der Juni ist schon so etwas wie Hochsaison im Denali National Park. Und eigentlich sollte man hier den Campingplatz vorgebucht haben. Klar also, dass es hier mit der Suche für einen Stellplatz spannend wird. Doch wir haben Glück und finden ganz in der Nähe einen schönen freien Platz, an dem wir sogar bereits unsere Plätze im Shuttle Bus für unsere Tour in den Park am nächsten Morgen buchen können. Die Denali Park Road ist der Wahnsinn. Es schüttelt und staubt und doch möchte man keinen Meter missen! Und dann die vielen traumhaften Aussichten auf den 6194 Meter hohen Denali! Wir haben die Strecke bis zum Eielson Vistor Center bei Mile 66 gebucht. Ab dort wollten wir wandern. Unterwegs macht uns der Busfahrer dann aber auf die wolkenfreie Sicht auf den Denali aufmerksam. Er rät uns, die 12 Dollar extra für die Weiterfahrt bis zum Endpunkt am Wonder Lake zu investieren. Super Tipp! Selbst am Nachmittag haben wir vom See noch eine herrliche Sicht zum Berg hinauf. Angeblich ist das an höchstens 25 Tagen im Jahr möglich!


Aber jetzt mal richtig Schotterpiste. Der gut 200 Kilometer lange Denali Highway - nicht zu verwechseln mit der Denali Park Road - erwartet uns. Fast den ganzen Tag brauchen wir für diese kaum befahrene Wildnisstraße. Am südlichen Rand der schneebedeckten Alaska Range zieht sie sich entlang. Für mich und viele unserer Teilnehmer einer der großen Höhepunkte dieser Tour.

Zurück nach Kanada. Über den Top of the World Highway. Die nächste Wildnis-Schotterpiste. Traumhaft! Übrigens, wie immer fahren wir nicht im Konvoi. Jeder fährt für sich. Jeder hat sein eigenes Roadbook. Unser Ziel: die Goldgräberstadt Dawson City. Vorher aber die Fähre über den Yukon River. Es wird spät. Zum Glück haben wir ausnahmsweise unsere Stellplätze auf dem Gold Rush Campground vorgebucht. Zugegeben, nicht der schönste Platz auf unserer Tour, doch dafür liegt er nur einen Block von Diamond Tooth Gertie's Gambling Hall entfernt. Ein Muss in Dawson. Das älteste Spielcasino Kanadas mit seinen Can-Can-Tänzerinnen bietet seit diesem Jahr eine neue, mitreißende Bühnenshow. Selbst die Goldgräber an den Spieltischen stehen johlend auf den Stühlen und klatschen im Takt des Klavierspielers. Dann der Dempster Highway. Das größte Schotterpisten-Abenteuer Kanadas erwartet uns. Eine Sackgasse, die in der nur 3000 Einwohner zählenden Kleinstadt Inuvik am Delta des Mackenzie River endet. Nach 740 Kilometern, viel Wildnis und Einsamkeit. Und traumhaften Panoramaausblicken! Auf den Höhenzügen der über 1000 Meter hohen Eagle Plains ist unsere kleine und zudem weit auseinander gezogene Karawane schon von Weitem zu sehen. Jeder Camper zieht eine lange Staubfahne hinter sich her. Die erste Tankstelle erreichen wir nach 370 Kilometern. Eagle Plains. Hier gibt es auch einen einfachen Campground, den wir nutzen. Doch wer hier in der zweiten Junihälfte gut 30 Straßenkilometer südlich des Polarkreises übernachtet, erlebt gar keine Nacht mit Dunkelheit. Die Mitternachtssonne beherrscht die Szenerie. Wir bieten den Moskitos die teils netzbewehrte Stirn, bilden einen großen Kreis aus Campingstühlen und erleben nachts um drei Uhr zusammen die Sonnenwende. Mit Ausblicken über hunderte Kilometer weit.


Fünf Tage haben wir für den Dempster vorgesehen. Wir kommen schnell voran. Nach einer Nacht auf dem von First Nations betriebenen Campground von Fort McPherson erreichen wir am dritten Tag schon Inuvik am Mackenzie-Delta. Dempster-Bergfest - wir müssen die 740 Kilometer ja auch wieder zurück. Zurück am Polarkreis erwartet uns der nächste Höhepunkt unseres Reiseabenteuers. Und was für einer: Wir verbringen die Nacht direkt am Aussichtspunkt des Polarkreises. Hier gibt es zwar keinen offiziellen Stellplatz, aber allein die Tatsache, hier zu stehen und so unendlich weit in das Land der Mitternachtssonne hinausblicken zu können, macht diesen Abend besonders. Ganz besonders.

Je weiter wir auf der Weiterfahrt nach Süden kommen, desto mehr nehmen wir den Rauch von teilweise noch weit entfernten Waldbränden wahr. Schade, dass wir am Tombstone Campground keine Fernsicht mehr auf den 2164 Meter hohen Mount Tombstone haben. Mit seinen spitz aufragenden Felsen ist er eines der Wahrzeichen des Dempster Highway.

Bye, bye, Dempster. Über den Klondike Highway geht es nun wieder über Asphalt bis Stewart Crossing. Hier biegen wir auf den Silver Trail, im letzten Teilstück wieder eine Sand- und Schotterpiste. Bei der 250-Seelen-Gemeinde Mayo stelle ich dann alle Teilnehmer vor die Wahl, entweder hier am schönen Campground am See zu bleiben oder mit mir zum Ende des Silver Trail direkt auf den über 2000 Meter hohen Keno Hill zu fahren. Zwei Teilnehmerpaare winken ab. Der Rest folgt mir. Der Weg ab Keno City auf den Keno Hill ist anspruchsvoll. Es geht in Serpentinen über 10 Kilometer bergauf in die dicht mit Wolken verhangenen Berge. Doch das Erlebnis dieser spektakulären Bergwelt - hier oben ganz allein - ist einmalig. Wirklich einzigartig. So etwas erlebt man nicht so oft im Leben, glaube ich. Ein Traum, hier oben im Camper zu übernachten. Denken wir. Das Unheil kommt nach Mitternacht. Es zucken Blitze über den Himmel und der Regen prasselt auf uns nieder. In den ganz frühen Morgenstunden wecke ich alle Teilnehmer: "Ich glaube, wir sollten hier weg, bevor der Trail hinunter zur Schlammrutsche wird!" Kein Risiko mehr am vorletzten Tag der Tour. Da stimmten alle zu.


Nachdem wir den Rest der Gruppe eingesammelt haben, geht es weiter über den Klondike Highway nach Whitehorse, wo unsere Reise begonnen hat. Unser Fazit: Experiment gelungen. Und die Erkenntnis: Auch im Nordland kann eine Kleingruppenreise genau das Richtige sein. Für denjenigen, der bereit ist, die Wildnis und Naturwunder zu teilen. Sie in einer kleinen, verschworenen Gemeinschaft Gleichgesinnter zu erleben. Und ja, natürlich müssen wir diese Reise wiederholen! Im nächsten Jahr. Selbe Zeit, selber Ort. Ich freue mich schon!





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